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Technik in der Gastronomie, jetzt neu: Blinkbrummdingse und Anzeigetafel

Coffee Bubbles

Die Technik hat unsere Wohnzimmer erobert, unsere Klassenzimmer, die Fußgängerzonen, die Busse und Bahnen. Jetzt ist eine weitere Bastion fällig.

Denn du kannst noch zu Fuß in ein Restaurant gehen, deinen gebratenen Tollensehecht und das Gläschen Riesling von einer Speisekarte auswählen und anschließend bar bezahlen, alles noch recht stromfrei also. Zwei Mal innerhalb kurzer Zeit bin ich jetzt aber bei uns über komisches Gastro-Tech-Zeugs gestolpert, das irgendwie aus den Gegenden mit den vielen Menschen hierhergeschwappt sein muss.

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Da sitze ich Nachmittag in einem Bäckerei-Café und will eine Tasse Kaffee trinken … [… und was passierte dann?]

Coffee Bubbles

foto:picturezealot mit cc-lizenz

Die Technik hat unsere Wohnzimmer erobert, unsere Klassenzimmer, die Fußgängerzonen, die Busse und Bahnen. Jetzt ist eine weitere Bastion fällig.

Denn du kannst noch zu Fuß in ein Restaurant gehen, deinen gebratenen Tollensehecht und das Gläschen Riesling von einer Speisekarte auswählen und anschließend bar bezahlen, alles noch recht stromfrei also. Zwei Mal innerhalb kurzer Zeit bin ich jetzt aber bei uns über komisches Gastro-Tech-Zeugs gestolpert, das irgendwie aus den Gegenden mit den vielen Menschen hierhergeschwappt sein muss.

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Da sitze ich Nachmittag in einem Bäckerei-Café und will eine Tasse Kaffee trinken. Vor mir vier Kaffeeklatschtanten, die irritiert sind. Denn seit ein paar Tagen herrscht hier „Selbstbedienung“, und die geht so: Mit der Bestellung bekommt man ein quadratisches, handtellergroßes flaches Plastedings, das anfängt zu summen und zu blinken, sobald alles fertig ist. „Na gut“, sagt eine Klatschtante, „brauchen wir wenigstens kein Trinkgeld bezahlen.“ Alle lachen, auch die drei Backwarenverkäuferinnen, die gerade im Dienst sind.

Ich bin an der Reihe, bezahle meine Tasse Kaffee und setze mich mit dem Blinkbrummdings an meinen Tisch. Kaum habe ich meine Jacke ausgezogen und es mir bequem gemacht, blinkt und brummt es. Ich wische und drücke und schüttele, aber das Blinkbrummdings blinkbrummt munter weiter. Ich sehe, dass eine Verkäuferin hinter dem Tresen, der etwa drei Armlängen von meinem Tisch steht, meine Tasse Kaffee fertig hat. Ich stehe auf, um sie mir abzuholen und das Gerät endlich loszuwerden, das langsam anfängt zu nerven. Auf halbem Wege, also etwa nach zweieinhalb Schritten, kommt mir die Verkäuferin entgegen und übergibt mir meinen Kaffee.

Ich fasse zusammen: Anstatt mir eine Tasse Kaffee zu machen und mir mit zehn Schritten an den Tisch zu bringen oder mich wahlweise mit einem galanten „die Tasse Kaffee?!“ (mehr Freundlichkeit würde in der Region komisch wirken) auf den Produktionsschluss des Produkts hinzuweisen, auf dass ich dann die zehn Schritte gehe, zieht es die Bäckerei vor, den Kunden ein Blinkbrummdings in die Hand zu drücken, das er dann wieder am Tresen abgibt, wenn der Kaffee fertig ist. Gespart haben die Verkäuferinnen bei dieser Prozedur das galante „die Tasse Kaffee?!“, dafür rennen die Kunden mit Blinkbrummdingern durch den Laden.

Die Klatschtanten sind höchst belustigt ob der vier Mini-Ufos auf ihrem Tisch. Beim Tortenabholen sagt eine: „Früher war es aber irgendwie besser“, und die Verkäuferin weist pflichtbewusst auf die Vorteile hin, wenn’s denn mal richtig voll ist.

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Zweite Station: der neue Burgerkult in Neubrandenburg. War ziemlich lecker dort, es geht doch weniges nur über frisch gebratenes Fleisch. Um an das gute Stück zu gelangen, musste ich allerdings eine Nummer ziehen, auf einer Anzeigetafel werden dann die fertigen Nummern angezeigt. Wieder sitze ich etwa drei Meter vom Tresen entfernt, um die Anzeigetafel zu erkennen, muss ich aufstehen und an den Tresen gehen. Als mein Burger fertig ist, stehe ich also auf, gehe an den Tresen, drehe mich um, erkenne meine Nummer, drehe mich wieder um, gebe den Nummernzettel ab, nehme meinen Burgerteller und setze mich wieder.

Ja, wenn der Laden voll ist, werden Anzeigetafel und Blinkbrummgeräte die Effizienz der Gästerverköstigung um mindestens 17 Prozent erhöhen, da bin ich mir sicher. Wenn der Laden leer ist – und wir sind hier nun mal in Mecklenburg-Vorpommern und haben Erfahrung mit nicht-vollen Läden –, dann sorgt das alles mindestens für Erheiterung.

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Und mir fällt auf, dass das Arbeitsamt-Konzept „Nummern ziehen feat. Anzeigetafel“ ausgeweitet werden sollte. Statt „der Nächste, bitte!“, unmissverständlich von Schwester Monika ins Wartezimmer trompetet, könnte die jetzt zu behandelnde Nummer 381 auf der Tafel auch gleich sehen, in welchem Behandlungszimmer sie jetzt noch eine halbe Stunde halbnackt auf den Arzt warten darf.

Auch in der Schule könnte eine Anzeigetafel für ordentlich Ruhe sorgen. Statt des hektischen Meldens könnten die Wissbegierigen mit ihrem Handy (das dann auch nicht mehr ständig eingezogen werden müsste) ihr „Ich weiß was!“ per Knopfdruck kund tun. Der Lehrer ruft nur kurz „217!“, denn wer kann sich schon alle Namen merken?, und Ben „217“ Müller legt los.

In der Geburtsklinik sollte eine Anzeigetafel den diensthabenden Hebammen signalisieren können, welches Baby denn mit welcher Wahrscheinlichkeit als nächstes zu schlüpfen gedenkt; das ständige am-Bett-rumsitzen nervöse-Väter-betüttern fiele dann flach. Im Supermarkt: nur noch eine Schlange an der Kasse, Nummern ziehen, Anzeigetafel! Beim Familienessen: Per Touchpanel können die Eltern festlegen und signalisieren, welches Kind als nächstes die Erlebnisse des Tages referieren darf.

Hach, die Welt braucht viel mehr Struktur, Reihenfolge, Ordnung. Sie braucht mehr Signalgeräte und Anzeigetafeln! Patriotische Europäer gegen die Individualisierung des Abendlandes!

Denn individuell ist ineffizient.

4 Antworten auf „Technik in der Gastronomie, jetzt neu: Blinkbrummdingse und Anzeigetafel“

Die Anzeigetafel im Burgerkult ist aber enorm praktisch. Einerseits IST der Ladden immer rammeldickevoll und da der geneigte Bratklops-im-Brötchen-gegrillt-Fan ja nicht die Wahl zwischen 200 verschiedenen Burgern hat, würden beim Ausruf „Cheeseburger und Zündstoff“ vermutlich acht der zehn Tische (also deren Besetzer) losspringen, um sich am Tresen zu prügeln. Idealerweise würde Berti nicht nur an einer Wand solche Einwohnermeldeamt-Tafel anbasteln sondern für die direkt unter der Tafel lümmelnden Gäste gegenüber auch noch eine.
Ansonsten-selten so gut ge“burgert“, Hut ab vor Berti’s Unternehmens“kult“ 😉 Die gut gefüllten Plätze geben ihm offenbar Recht.

Auch der Burgerkult ist nicht immer rammeldickevoll. Als ich dieser Tage mit meinen Kollegen dort zu Mittag aß, waren außer uns sechs Hanseln nur zwei oder drei weitere Stühle besetzt.
Den Vorgang der Bestellung, Nummerierung, Essensabholung und dem anschließenden Genuss habe ich ebenfalls interessiert beobachtet. Bei einem wirklich vollen Laden befürchte ich da allerdings ein Chaos, zumal die aufleuchtenden Nummern wirklich nicht von überall zu sehen sind. Es bleibt nur zu hoffen, dass dann mehr als nur eine Servicefachkraft für die Burger zuständig ist.
Apropos Burger. Die sind wirklich um Klassen besser als die systemgastronomisch erhältlichen kleinen Dingern. Eigene Versuche auf diesem Gebiet haben aber gezeigt: Da ist noch Luft nach oben. Außerdem möchte ich mal ein Anleitungsvideo mit dem Chef in der Hauptrolle sehen, wie man solchen Burger unfallfrei und elegant isst. 😉

Ich glaube auch, dass Frische-Burger-Ess-Tutorials das nächste große Ding sind. Aber nicht umsonst bekommt man die ja auch auffem Teller mit Messer und Gabel und Zusammenhaltestocher geliefert.

Ansonsten freue ich mich ehrlich über jeden neuen Laden, der in der Region neue Wege beschreitet und sich auf Dauer für den Inhaber auch rechnet.

Eine lange Zukunft sei ihm wirklich gegönnt. So lange ist der Laden ja noch nicht auf, da kann man noch feilen … 😉
Aber selbst mit Messer und Gabel ist der Verzehr nicht so einfach (oder ich stelle mich blöd an). In heimischer Umgebung würde ich ja den Zahnstocher entfernen, alles gut zusammendrücken und dann probieren, aus der Hand zu essen. Aber öffentlich kann man sowas ja nicht tun. 😉

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