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Medien

Gendarmenpistolen aus Hamburg

Sehr geehrter Herr Ruwoldt,

Sie waren so nett, sich im Ost-Blog von Zeit Online in dem Text Räuberpistolen aus Neubrandenburg mit dem Nordkurier zu beschäftigen. Leider scheinen nach Ihrer Lektüre noch einige Fragen offen geblieben zu sein. Als Nordkurier-Redakteur möchte ich Ihnen deshalb an dieser Stelle versuchen, einige Antworten zu geben.

Was soll so eine Story, immerhin der Blatt-Aufmacher unter dem großen Schwippbogen-Foto zum 1. Advent?

Sie beziehen sich dabei auf den Text „Immer mehr Senioren in MV werden kriminell„, der in der vergangenen Wochenendausgabe die Zeitung eröffnete. Nun, wie Sie vielleicht wissen, ist MV nicht gerade der Jungbrunnen der Nation, und die Nordkurier-Leser unter den Meckpommern sind dann nochmal ein Stückchen älter. Wenn eine relevante Zielgruppe der Zeitung also laut offizieller Statistik (Quelle: LKA MV, pdf)zunehmend in der Kriminalstatistik auftaucht, dann ist das per se ein Aufmacherthema.

Aber es ging Ihnen vornehmlich wohl auch nicht um das was, sondern vielmehr um das wie:

Ja, Renter, die etwas anderes machen als Kaffee trinken, taugen immer für eine Schlagzeile. Aber so? Warum spendiert uns der Nordkurier nicht die Zusammenhänge, die Zahlen von der Altersarmut, von den sinkenden Renten, von der fehlenden weil unterfinanzierten sozialen Betreuung?

Ja, auch wenn Sie es etwas überspitzen: Menschen, die etwas anderes tun, als man Ihnen gemeinhin zusprechen würde, sind interessant und also auch ein potenzielles Thema für eine Zeitung. Das gilt für die Zeit wie für den Nordkurier.

„Aber so?“ Ja, so. Ohne den Text selbst geschrieben und redigiert zu haben vermute ich, dass die Ihnen fehlenden Zusammenhänge und Zahlen nicht in dem Text auftauchen, weil der Platz für den Aufmacher auf der Titelseite nunmal begrenzt ist und weil bei einer weiteren Themenauffächerung der eigentliche Nachrichtenkern nicht so herausgearbeitet hätte werden können: Anteilig mehr Rentner kriminell, ist aber zu großen Teilen auch ein statistisches Problem.

Nicht ausblenden möchte ich allerdings einen weiteren potenziellen Hintergrund: Ministerzitate und Expertenbefragung sind im Zweifel schneller zu beschaffen, als das Thema selbst noch mal aufwendig durchzurecherchieren. Wäre dies der Fall gewesen, wäre aus dem Sujet vermutlich aber auch eine eigene Seite drei geworden.

Bevor das Blatt in seiner Wochenendaufmachungsstory allerdings für Aufklärung sorgt, kann es sich natürlich nicht verkneifen, das Boulevard-Vokabular aus der Kiste zu holen und führt seinen Bericht mit dem Satz ein: “Hilfe, Oma und Opa klauen! … Altersgerechte Zellen sind in der Sicherungsverwahrung bereits eingeplant.” Man denkt zunächst, dass einen der Nordkurier hier in den April schicken will, dann aber kommt noch ein Experte zu Wort (…)

Ja, über den Print-Vorspann kann man streiten. Einige Leser haben dies übrigens auch schon mit Verve getan. Hier vielleicht nur als kleiner Hintergrund der Hinweis, dass der Nordkurier gerade den Readerscan hinter sich hat. Warum Sie sich aber im April wähnen, kann ich nicht nachvollziehen. Wegen der Rentner-Zellen? Die werden in den beiden letzten Absätzen, die Sie ja bestimmt auch gelesen haben, von der Justizministerin in Erwägung gezogen.

Und was den Experten betrifft: Den trifft man zwangsläufig in allen Medien.

Die Karikatur von den kleptomanischen Großeltern soll offenbar die Leser locken.

Das haben Sie sehr gut erkannt. Wir möchten gelesen werden. Ob ein boulevardesker Satz im Vorspann gleich als Karikatur gelten muss, würde ich bestreiten wollen. Ob so ein Thema so präsentiert werden muss, ist diskutabel. Ob dieser Text einen Anlass für eine Werkskritik gerade im Ost-Blog von Zeit Online bietet, das kann ich nicht beurteilen; skeptisch bin ich allemal: Ich vermute, auch in westdeutschen Regionalzeitungen werden solche Aufmacher geschrieben und gelesen.

Herr Ruwoldt, ich finde es gut, dass Sie über den Osten bloggen. Besser fände ich es noch, wenn Sie dabei Ihren Blog-Slogan „Ostdeutschland ist anders. Wir schreiben drüber.“ nicht allzu wörtlich nehmen.

Und Schwibbogen kommt nicht von beschwipst.

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Familie

Im Kindergarten, zum letzten Mal

Aber über Kindergärtner und Kindergärtnerinnen kann man nie genug Gutes schreiben.

Derart kommentiert ich an dieser Stelle; und dann möchte ich mal – zumal es einen Anlass gibt – mit ein paar Absätzen voranschreiben.

* * *

Seit einigen Jahren fahre ich fast jeden Wochentagsmorgen in die Neubrandenburger Südstadt. Direkt neben den wuchtigen Elfgeschossern an der Bundesstraße steht dort ein Plattenbauquader mit zwei Etagen. Dem Kindergarten ist seine spätsozialistische Architektur nicht mehr anzusehen, viele Jahre, viel Geld und viel guter Willen haben ihn in ein buntes Kinderhaus verwandelt – das Kinderhaus „Windmühle“.

Jeden Morgen habe ich erst unsere Töchter, später dann alle drei, jetzt nur noch unseren Sohn dorthin gebracht; sie in die Storchengruppe, ihn zu den „Kessen Spatzen“. Habe auf Kinderbänken sitzend ihnen dabei zugesehen wie sie Reißverschluss lernten, Schnürsenkel lernten, Tachsagen lernten. Und wie sie das erste Mal vor Spielaufregung vergaßen, mich drückenderweise zu verabschieden.

Alle drei Kinder haben das große Glück gehabt, jeweils von einer tollen Kindergärtnerin beim Großwerden begleitet zu werden. Zwei Frauen mit weitem Herzen, immer offenen Ohren und potenziell kräftiger Stimme. Große Menschen, die spürbar gerne mit kleinen Menschen umgehen, und die zu einem Teil aus unseren Kindern das gemacht haben, was sie heute sind.

Und ja, ich weiß, es heißt Erzieherin, aber trotzdem. Ben beschreibt in seinem Blog den äußerst lebendigen Begriff so:

Man ist nicht Kinderaufpasser oder Kinderwart oder Kinderlehrer … man ist Kindergärtner. Man sät und pflanzt und gibt dem Wachstum Richtung und Ordnung, man jätet etwas Unkraut, und wenn die kleinen zarten Pflänzchen stark genug sind, kommen sie in die Baumschule.

Und soweit ist es jetzt gekommen, er ist eine starke Pflanze geworden, die Baumschule ruft. Heute stellt er zum letzten Mal die Straßenschuhe unter die Sitzbank, schlüpft in die Drinnen-Sandaletten, sagt artig Hallo und tut dann Dinge. Und wenn er am Nachmittag abgeholt wird, dann ist sie für uns erst mal vorbei, die Zeit der Kindergärtnerei.

* * *

Vielen Dank, Haike! Vielen Dank, Ines! Stellvertretend für alle engagierten, geduldigen, begeisternden, konsequenten und liebevollen Kindergärtnerinnen und Kindergärtner.

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Bild Neubrandenburg

Das Blechmonster an der Stadtmauer ist weg – Abbruch der Turnhalle IGS Mitte Neubrandenburg

turnhalle19

Die etwa 60 Meter lange Sprintstrecke neben der Halle – vergrast. Die Weitsprunggrube – ein Biotop. Das Parkett weg, die Basketballkörbe netzlos, der Eingang verströmt den Charme einer Industrieruine. Die Turnhalle der ehemaligen Integrierten Gesamtschule Mitte und der noch ehemaligeren POS 5 „Antonin Zapotocky“ in Neubrandenburg war der blechschimmernde architektonische Kontrapunkt des Sozialismus zum nur wenige Meter entfernten Mittelalter-Trutz der Stadtmauer und ihrer stadtstolzen Wiekhäuser.

Bilder der Halle vor und während des Abrisses lagern bei flickr oder in der folgenden Slideshow.

Abriss Turnhalle POS V

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Neubrandenburg

Stinkewasser in der Ihlenfelder Vorstadt

Hiermit möchte ich offiziell die Stadtwerke Neubrandenburg wegen der jüngsten Wasserrohrspülungen in der Ihlenfelder Vorstadt und der damit offensichtlich verbundenen Demolierung angeschlossener Durchlauferhitzer sowie der Umwandlung des vorher untadeligen Leitungswassers in etwas ziemlich Übelriechendes für den Dienstleister des Monats nominieren. Pfui Deibel.

Für die lieblichen Gerüche der naheliegenden Rapsölmühle könnt ihr nichts. Dass es nun aber auch aus dem Wasserhahn duftet, liegt zeitlich so verdammt nah an den Rohrspülungen, dass ich nicht wissen möchte, was da eigentlich wohin gespült wurde.

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Netz Neubrandenburg

Überanpassung

Weinen bringt nicht's

foto: mkorsakov unter cc-lizenz by-nc-sa

Hiermit möchte ich offiziell das Veranstaltungszentrum Neubrandenburg wegen des in Text und Menü unglücklichen Plurals Webcam’s auf der von ihm zu verantwortenden Seite neubrandenburg-touristinfo.de für den „Deppenapostroph des Monats“ nominieren. Wie heißt’s doch so schön im Lexikon: „Dabei handelt es sich oft um eine Form der Überanpassung …“

Immerhin klappt’s dann mit der Mehrzahl bei „Tickets“.

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Netz Neubrandenburg Sport

4S in blauweiß

Wo heute Abend in der Netzwelt doch so intensiv dem neuen Eifon gefrönt wird, fällt mir glatt ein, an welcher Stelle ich das letzte Mal unvermutet ein „4S“ entdeckt habe: Auf dem Logo eines hiesigen Thekenbauers. Aufgefallen war mir der Service mit dem verdammt kernigen Namen, weil sein Logo – wie gesagt mit 4 und S – in ganz blauweiß dem eines deutschen Fußballgroßvereins ziemlich ähnelt.

Und das dürfte der einzige Blogbeitrag der Geschichte sein, der es in zwei Sätzen von Apple über Theken-Schmidtke bis auf Schalke schafft. Glück auf!

gesehen 2011 in Neubrandenburg

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Neubrandenburg

Fantadudisie

Faded clownSprache lebt. Ein alter Hut, ja, aber immer mal wieder notwendig, es auszusprechen, und es gegen allzu verbissene und erstarrte Wortwarte in die Schlacht zu werfen. Es gibt alte Wörter, neue Wörter; alles fließt. Und wenn die Kinder allzu unbeschwert herumplappern, generieren sie alle acht Sätze ein neues Wort.

So soll das sein.

Und deshalb soll an dieser Stelle jemand erwähnt werden, der – zumindest in der engeren Familie – ein geläufiges, gemeines Alltagswort durch schlichte – und hier passt es gleich im doppelten Sinne – Fantasie ersetzt hat. Clown Dago ist vielen Neubrandenburgern mindestens ein Begriff, jenen mit Kinderanhang noch mehr als den anderen.

Und er schuf einen Begriff.

Und weil das nicht alltäglich ist, und weil das nicht immer gelingt, und weil neue, blumige, lebende, sprechende und ansprechende Wörter so wichtig sind für Kinder und andere Sprachsensitiven – deshalb hier an dieser bescheidenen Stelle ein Hoch! Hoch! Hoch! für die Fantasie des Clowns Dago. Für ihn und seine:

Fantadudisie.

Fan-ta-du-di-sie!

FAN TA DU DI SIE

foto:jcroach
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Medien Neubrandenburg

Wider das Radioprogramm in Mecklenburg-Vorpommern unter besonderer Beachtung der Situation in der Gastronomie

Radio

foto:sfllaw (creativecommons-Lizenz)

Es ist erstaunlich. Meine jahrelange, nichtrepräsentative Feldforschung zum Thema „Provinz“ hat ergeben, dass selbige immer mal wieder anders definiert wird. Der Eine meint vor allem die Menschen, wenn er Provinz sagt, die Andere beklagt Kulturereignismangel, Dritte titulieren einfach dieses Blog als „aus der Provinz“ kommend und haben damit natürlich Recht.

Doch fast alle kommen früher oder später auf ein bestimmtes Thema zu sprechen: Mecklenburg-Vorpommern und seine Radiolandschaft. Ostseewelle, Antenne MV, NDR 1 Radio MV, N-Joy, Deutschlandradio, Deutschlandfunk, Offener Kanal, NDR Info, NDR Klassik. Ende Gelände. Ich habe einige Jahre in Berlin gewohnt, und es ist ein Jammer.

Nun gibt es ja Alternativen. Man könnte sich ein Kabel ans Radio stöpseln (Senderliste der Neubrandenburger Stadtwerke als pdf-Datei), dort gibts dann beispielsweise Radio Eins, Fritz, Sunshine live oder auch MDR Sputnik. Man könnte ein wenig Geld investieren und eines dieser Radios kaufen, die ans Internet angeklöppelt werden können und somit zigtausend Sender frei verfügbar hätten. Man könnte sich sukzessive zigtausend MP3-Dateien zulegen und ein paar hübsche Mixtapes zusammenstellen, für alle Situationen des Alltags passend.

Könnte man.

Macht man aber nicht. Zumindest nicht wenige der hiesigen Gastronomie-Stationen. Morgens, ein gemütlicher Brunch, und was muss man hören? Ostseewelle. Mann! Vormittags, Vollkornbrot mit lecker Marmelade und Mozzarella-Salat dazu. Die Beschallung? Antenne Mecklenburg-Vorpommern. Ooooaah! Abends, Pizza Kwattrostatschioni, ein trockener Roter dazu. Und sonst? Schlager auf NDR 1. Meine Güte!

Löbliche Ausnahme: Die Kaffeküche, Ecke Stargarder/Badstüberstraße in der Neubrandenburger Innenstadt. Hier tönen entspannte Klänge vergangener Zeiten aus den Boxen, und auch wenn der Salat manchmal ein wenig dauert – es ist verdammt wohltuend.

Somit mein Appell an die Gastronomen der Region: Bitte, bittebittebittebitte nicht, ich wiederhole: NICHT!!! das Radio anschalten. Denn: Es ist nicht gut genug für gastronomische Zwecke. Wirklich nicht. Ehrlich!

Lasst euch ‚was anderes einfallen.

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Neubrandenburg

Feuerlöscher entsorgen in und um Neubrandenburg – ein kleiner Erfahrungsbericht

„Guten Tag, ich möchte gerne Feuerlöscher …“
„NEIN!“

Die unmissverständliche Antwort vom Müllmann kann man höflich mit zeitsparend umschreiben. Der Mitarbeiter der Ostmecklenburgisch Vorpommerschen Verwertungs- und Deponie GmbH wurde offensichtlich nicht das erste Mal mit der nicht alltäglichen Frage konfrontiert, wo bitteschön Feuerlöscher außer Dienst hingetan werden sollten. Bei mir standen zwei dieser Dinger im Kellerraum, also rief ich den Annahmehof in der Ihlenfelder Straße an.

Dort offenbar also nicht.

Flink – denn auf einen Alternativvorschlag seitens des Müllannehmers wagte ich gar nicht zu hoffen – frug ich nach, wo ich denn stattdessen …

„Schadstoffmobil. Kommt im Herbst.“

Okay. Immerhin alle relevanten Infos in vier Worten, was will man mehr. Übermütig traute ich mich aus der Deckung und gierte nun nach des Müllmanns Mitleid, der Keller wäre doch schon sooooo voll und der Herbst noch sooooo weit hin und ob es denn … eventuell … noch eine andere … Möglichkeit?

„Jo. Bei Nehlsen in Hellfeld.“

Fünf Wörter, er wurde langsam gesprächig. Und wenn’s am besten läuft, sollte man aufhören, und so verschonte ich meinen gnaggeligen Guide durch den Entsorgungsdschungel mit Wo denn genau in Hellfeld?, Wie teuer? sowie Kennen Sie auch die Öffnungszeiten? und hoffte auf das Internet.

Und so kann ich berichten, dass Feuerlöscher in und um Neubrandenburg bei der Firma Nehlsen im Gewerbepark Hellfeld kostenlos abgegeben werden können – und zwar nicht hier, wie ich zuerst vermutete, sondern an folgender Stelle bei einem freundlich belegte Brötchen knuspernden Herrn in einem feinst Pin-up-verzierten Bürocontainer:


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Netz Neubrandenburg

Wandel beim Onlinebanking: chipTAN und mobileTAN ersetzen iTAN

Wie jüngst hier bereits angeschnitten, wird die Zeit der papiernen TAN-Listen für das Onlinebanking demnächst ablaufen – zumindest für alle Sparkassen-Kunden. Die Deutsche Bank bietet das iTAN-Verfahren weiterhin an, die Volks-und Raiffeisenbanken haben die Papier-Liste längst abgeschafft, andere Banken wie die Commerzbank oder HypoVereinsbank sind noch am Planen.

Mehr Wissenswertes zum Thema habe ich in die Zeitung geschrieben und in das Nordkurier-Hitech-Blog Zeilenfresser gedrückt – et voilà.