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Ein kleines Lob auf Tischtennis

tafeltennistafel

Na klar hatte Gunnar Lust. Nach dem Mittagessen Schuhe an, Kelle und Ball geschnappt, rauf auf die Fahrräder, die zwei der drei Fahrradständer vor der Birkenstraße 2 belegten. Dann die Kirschenallee entlang, kurz rechts schauen, an der Kaufhalle vorbei, und schon waren wir da. Zwei Kumpels, die ihre Freizeit mit Tischtennisspielen verbrachten. Manchmal nicht alleine, dann ging’s stundenlang chinesisch um Gewinnpunkte. Manchmal dann aber eben im Eins-gegen-eins, genauso stundenlang, bis einen – und das möchte etwas heißen – die Lust am schnellsten Rückschlagspiel der Welt verließ. Immer aber mit einer Faszination, die bis heute nicht nachgelassen hat.

Na klar hatte Charlotte Lust. Flip-Flops an, Kelle und Ball an der All-Inclusive-Bar geholt, hoch von den Poolliegen, ab an die Platte. Es dauerte nicht lange, und ein paar gelangweilte All-Inclusive-Kinder kamen herbei, um den flinken Hin und Her zuzusehen. Charlotte spielte gut, rückhand meist, druckvoll, variabel, immer mit großer Bewegungshingabe. Später kamen Luise und Heinrich hinzu und battelten sich gegenseitig lustvoll nieder. Ich bin ja der Meinung, zu einer guten Erziehung gehört ja immer auch das Beibringen von Tischtennis-Basics. Wir spielen immer mal wieder, meist ohne Punkte, aus purer Freude am kunstvollen Hinundhertänzeln und am Spiel mit dem Balle.

Na klar hatte sie Lust. So sehr lange kannten wir uns zwar noch nicht, und doch schon war ich mir relativ sicher mit ihr. Denn: Wir spielten zusammen Tischtennis. Kann ja kaum schiefgehen. Zunächst verzichtete ich etwas überheblich aufs Schmettern, um ein Spiel zu ermöglichen. Dachte ich zumindest. Dann merkte ich, dass ich die schmetterlosen Ballwechsel ziemlich oft verlor und bei ihr rapide an Tischtennis-Respekt verlor. Und das durfte auf gar keinen Fall sein. Also volle Pulle gespielt und mit Ach und Krach ein Unentschieden erschmettert. Sie war gut, kühl wie Nord- und Südpol gleichzeitig, und sie machte verdammtnochmal keine Fehler. Ein Rasseweib!

Na klar hatte ich Lust. Immerhin war ich im Urlaub irgendwo in der hessischen Provinz, und außer einem tollem Gästehaus und vielen lieben Leuten drumherum gab es da nicht so sehr viel. Doch in einem der vielen Zimmer stand eine Tischtennisplatte. Mit genügend Auslaufplatz davor und dahinter. Mit einigen abgerockten Schlägern und ausreichend Bällen, um auch mal aus Versehen auf einen draufzutreten. Ich spielte fast jeden Tag, irgendjemand fand sich schon als Gegner. Und was heißt Gegner, es ging um Bewegung, Technik, ein bisschen Rumschnippeln, Rumposen, Rumbrüllen, ab und zu Draufkloppen. Dazu Musik, nicht mal leise, und gegen Abend hin und wieder geistreiche Getränke.

Wo man spielet, lass dich ruhig nieder. Ohne Furcht, was man im Lande glaubt. Wo man spielet, wird kein Mensch beraubt. Bösewichter sind keine Spieler.

Und wenn ihr auch gerade irgendwo seid und Tischtennis spielen wollt und nicht wisst, wo die nächste öffentlich zugängliche Platte steht, dann schaut doch einfach mal in der Pingpongmap nach.

Foto: Screenpunk via Flickr

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Familie Musik

Der Langer-Song

Es ist abends, kurz vor dem Schlafengehen. Vater bittet um einen Cognac und uns ins Kaminzimmer. Er will uns von einem Lied erzählen, ein Lied über unsere Familie, das ihm einst sein Vater eines Abends am Lagerfeuer nahebrachte. Vater findet, wir sind nun bereit, es unsererseits kennenzulernen.

So hätte das wohl vor einem Jahrhundert funktioniert. Heute stöbere ich in Papsens Youtube-Kanal und stoße in der Liste der von ihm gemochten Videos auf den Langer-Song:

Nun ja, der Langer-Song ist wahrlich kein sonderlich schmückendes Lied. Denn Langer ist hier ein Slang-Begriff der zweitgrößten irischen Stadt Cork. Es geht um Typen, die grob sind, fies, prollig, arrogant und in einer Strophe sogar mit George Bush verglichen werden.

Witzigerweise fahren typische Langers demnach aufgemotzte Honda Civics mit Pelzwürfeln am Rückspiegel und laut aufgedrehter Rockmusik. Und was soll ich sagen: Meine Mutter fährt seit der Wende keine anderes Auto als justament den Honda Civic. Ich selbst durfte den von ihr abgelegten grauen und äußerst fahrspaßigen Civic der vierten Generation einige Jahre lang auf dem Weg zum Schrottplatz begleiten. Und Paps himself lenkt einen modern Hybrid-Civic.

Vielleicht sind wir dann wohl doch richtige Langers.

Rein musikalisch ist es ein sehr mitsingfreundliches Stückchen irischer Musik. Ein paar Akkorde, null Variationen, fertig. Aber Vorsicht: Hat man ihn zweieinhalb Mal gehört, bekommt man den Langer-Song den ganzen Tag nicht mehr aus dem Kopf.

Wen übrigens die ganzen Original-Instrumente in dem Song irritieren, bitte schön, der Künstler mit dem hübschen Namen „MegaJDOG1995“ hat mit seiner Discount-Maschine einen House-Remix produziert. Und das obligatorische „sensibler junger Mann allein mit seiner Gitarre“-Cover gibt’s natürlich auch.

Ich stelle mir das dann künftig in etwa so vor, dass mein Papa auf der Familienfeier zu fortgeschrittenem Zeitpunkt sich erhebt. Mit wehmütiger Miene und einem Bier in der Hand beginnt er, wenn denn endlich Ruhe herrscht, a capella den Langer-Song zu intonieren. Und beim Refrain stimmen alle mit ein. Ungefähr so, wie in diesem Video.

Und damit auch alle Langers textsicher genug sind, hier der originale Text:

The Langer

Have you seen the old man
The drunken ould lout
Roaring and bawling and spilling his stout?
And in everyone’s business
You’ll first see his snout
Down in Cork he’d be known as a langer

Chorus:
A langer (Response: A langer)
In Cork he’d be known as a langer

And our hero Roy Keane
Footballer supreme
The finest this country and Man U’s ever seen.
And we’d have won the World Cup
But Mick McCarthy fouled up.
Roy was dead right to call him a langer!

Chorus

And Johnny and Mick
Have a Honda Civic
With spotlamps and spiders
And loud rock music
Ah, but don’t they look nice
With the big furry dice?
Would they ever stop acting the langer?

Chorus:
A langer (Response: A langer)
Would they ever stop acting the langer?

Die nächste Strophe ist komplett in irischem Gälisch (Übersetzung ganz unten):

Féach an phleice amach romhainn,
ag bladairt trína thóin
Níl gaelinn ag éine,
dár leis, ach é féin
Tá aige fomhraíocht sár-bhinn,
‘s gramadach fíor chrinn,
I gCorcaigh, gan dabht, sé an langer! 1

Curfa:
An langer! An langer!
I gCorcaigh, gan dabht, sé an langer!

From Mitchelstown to Cape Clear
You’ll be welcome down here
For there’s plenty of scenery, music, and beer
But avoid the rugby weekend in Kinsale
For every year with out fail
The town gets infested with langers

Chorus:
A langer (Response: A langer)
The whole town’s infested with langers

In two thousand and five
Culture will thrive
All along the green banks of the Lee (Shouted: Oh, good man, George!)
But no matter what
If you arrive on a yacht
We’ll tolerate absolutely nobody acting the langer
(Shouted: Certainly not in Crosshaven!)

Chorus:
A langer (Response: A langer)
There’ll be nobody acting the langer

George Bush and his boys
Ah, did make your blood boil.
Will they give the Iraqi people back their soil?
Ah, and all of us know
All he wants is their oil.
Oh Lord, he’s a ferocious langer!

Chorus:
A langer (Response: A langer)
Oh Lord, he’s a ferocious langer!

So three cheers for Roy Keane
He’s back wearing the green.
Ah, what more could you ask him to do?
So forget all the press
And the whole bloody mess
They’re only a big shower o’ langers.

Chorus:
A langer (Response: A langer)
They’re only a big shower of langers.

So there was me song
I didn’t keep ye too long
For now ye all know one word of Cork slang
And while there’s meat on me bones
I hope I’ll never be known
As a typical home-grown Cork langer

Übersetzung der irisch-gälischen Strophe:
Look at the messer in front of us,
talking through his ass
Nobody can speak irish,
in his opnion, but himself,
He’s got perfect pronounciation,
and perfectly accurate grammar,
In Cork, without a doubt, he’s a langer.

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Netz

Das soziale Netzwerk

Das soziale Netzwerk

Das soziale Netzwerk ist ein Modell, das über Jahre hinweg aus überholten Ansätzen und Hypothesen heraus entwickelt wurde. Es erleichtert die methodische Erforschung der Diffusion und Wirkung massenmedialer Inhalte auf einen Rezipienten, der innerhalb einer differenzierten und verzweigten sozialen Umgebung Informationen empfängt, verarbeitet und weitergibt. Dabei wird deutlich, daß das Netzwerkkonzept durchaus auch gesellschaftliche Tendenzen und Entwicklungen abbilden kann.

Tja. Ende des vergangenen Jahrtausend schrieb ich das, zu Beginn des Publizistik-Studiums im Fazit der Arbeit „Das Soziale Netzwerk“ für das Proseminar „Sozialwissenschaftliche Kommunikations- und Medienforschung“. Ich schrieb es auf einem Computer, und hätte ich damals eins und eins zusammengezählt, wäre mein Leben später in einem Blockbuster mit Justin Timberlake verfilmt worden.

Nicht.

Aber ja, das Konzept „Soziales Netzwerk“ kann durchaus gesellschaftliche Entwicklungen abbilden, wie man heute weiß. Auch wenn sich die hyperventilierende Klickibuntheit der heutigen sozialen Netzwerke marginal von dem graustaubigen Theoriegebilde unterscheidet, das während des Zweiten Weltkrieg in den USA begonnen wurde anzudenken und das später zum Beispiel die sozialwissenschaftliche Figur des Meinungsführers hervorbringen sollte, der ja auch heute als buzzword immer noch mal wieder auftaucht.

Und dass das soziale Netzwerk die Erforschung der Wirkung von Inhalten auf Menschen ungemein erleichtert, diese Erkenntnis dürfte in Riesen-Lettern an den Stahlwänden der Facebookschen Geldsilos prangen. Eine andere finde ich aber noch viel wichtiger: Die Wirkung von Inhalten auf Menschen ist demnach umso stärker, je schwächer die Verbindungen zwischen den Mitgliedern des Netzwerks ist. Gibt es eine kleine, kompakte Gruppe mit starkem Zusammenhalt, schlagen Inhalte seltener auf die Meinung des Einzelnen durch.

Wer sich also öfter manipuliert, fremdgesteuert und überbeeinflusst fühlt: Gründe eine große Familie. Dann wird alles gut.

* * *

Ach ja, die Beurteilung: Mängelrüge!

Das soziale Netzwerk

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Musik sl.

Warum ich einmal von Depeche Mode träumte

Eija's birthday cake

foto:abi_skipp@flickr.com

Ich träume selten. Sehr selten. Das war schon immer so. Ich wurde ab Werk unträumend ausgeliefert. Umso prägnanter sind dann richtige, echte, umfangreiche Träume, wenn ich sie dann mal ganz durchträume. Umso genauer kann ich mich an sie auch später erinnern.

Es muss kurz vor der Wende gewesen sein. Die DDR hatte eine Jugendorganisation, einen Jugendradiosender, eine Jugendfernsehsendung. Die DDR hatte jede Menge Jugend. Eine Jugend, die nur noch wenig Angst vor kapitalistischen Langstreckenraketen hatte und sich stattdessen fragte, warum offiziell und inoffiziell immer stärker auseinanderdrifteten.

Ich war damals 12 Jahre alt und träumte von Depeche Mode.

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Sport

Ja. Das war schön.

Es ist ein klein wenig doof, das erst jetzt aufzuschreiben, jetzt, wo Helmut Haller gestern gestorben ist. Aber ich hatte nach diesem Termin in der Justizvollzugsanstalt Waldeck bei Rostock vor sechs Jahren nichts mehr gehört von Helmut Haller, ich wusste nicht, dass er an Demenz erkrankt war.
73 Jahre sind zu früh.

Elegant war er angezogen, etwas zu elegant für diesen Anlass. „Anstoß für ein neues Leben“ heißt das Resozialisierungsprojekt der Sepp-Herberger-Stiftung, für die Haller an die Küste gekommen war. Mit dunklem Anzug und offenem Kragen am schwarzen Hemd stach der Vizeweltmeister von 1966 die versammelte regionale VIPschaft in den Kategorien Mode und Coolness locker aus; mit seiner Art sowieso. Haller plauderte und hörte doch zu, er beobachtete und war doch immer mittendrin, selten, dass der beflissene Staatssekretär von seiner Seite wich. Er ließ es sich nicht nehmen, nach dem Ehrenanstoß den Ball kurz noch ein wenig zu jonglieren und vermied beim Smallltalk mit den Gefangenen doch – im Gegensatz zur Anstaltsleitung – das ganze Turnier über den peinlich-kumpeligen Stammtischfußballjargon.

So ein strengjovial auf den Ascheplatz gerufenes „Aber Blutgrätsche is heute nicht, hört ihr!?!“ hätte wohl auch nicht zu Helmut Haller gepasst.

Helmut Haller war von den einleitenden Worten der Verantwortlichen über den Resozialisierungsvortrag des Sekretärs, den Anstaltsrundgang, die Autogrammviertelstunde, den Ehrenanstoß bis hin zur Pokalübergabe dabei. Es waren einige Stunden, und ich habe ihn immer leicht lächeln gesehen, er war immer freundlich und nie scheißfreundlich, die Fußballlegende wirkte neben dem dürren Glatzkopf (zwei Jahre wegen Raubüberfall) fast ein wenig schüchtern. In einem kurzen Gespräch mit den Insassen habe ich sie gefragt, was sie denn von Helmut Haller halten würden und ich glaube bemerkt zu haben, dass sie versuchten, ihre Worte ein bisschen sorgfältiger auszuwählen als sonst an diesem Tag.

Der Fußballer hatte sich im Gefängnis Respekt verschafft.

Vor dem Finale bekam ich die Gelegenheit, mich mit Helmut Haller direkt am Spielfeldrand ein wenig zu unterhalten. Und wie das so ist, ich habe die Chance nicht gut genutzt, ich tüftelte zu lange über meinen Fragen, bekam ein paar Statements für den Bericht, probierte mich vorsichtig in gehobenem Smalltalk. Kein Pressesprecher weit und breit, die Sonne schien, der Mann freute sich, in Ruhe Fußball sehen zu können, und ich kam nicht so recht über das „Was bedeutet es Ihnen, hier zu sein?“-Niveau hinaus.

Nun ja. Wenigstens habe ich ihn nicht nach 1966 gefragt.

Schließlich das Finale, der Abpfiff. Helmut Haller atmet tief durch und sagt: „Ja. Das war schön.“ Dann steht er auf und geht zur Siegerehrung.

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Ratgeber

Und ob Bausteine flüssig sein können!

So ist das mittlerweile. Da schlenderst du ahnungslos durch die Kaufhalle und bist auf einmal ganz stolz, dass du mal an was gedacht hast. ,Haarspülung ist doch alle‘ flüstert die innere Stimme wohlmeinend, und jawoll, sie hat Recht, es mangelt an Spülung. Also rin in die Kosmetik, flink den Filterblick eingeschaltet, und zack – innerhalb von Sekunden hatte ich es schon gefunden, das Regal mit den Haarspülungen.

Haarspülungen.

Haarspülungen? Ich Unwissender!

Liquid Silk Gloss. Mit Clear Repair. Und hochkonzentriertem Leave-In-Serum.
Oil Nutritive. Mit flüssigen Haar-Bausteinen. Und 7 nährenden Repair-Ölen.
Satin Relax. Mit Anti-Frizz-Komplex.
Ultimate Repair. Mit 3x flüssigen Haar-Bausteinen.

So. Und da ich nicht weiß, ob unsere Haare eher ein hochkonzentriertes Serum benötigen, nährende Öle, einen imposanten Anti-Frizz-Komplex oder doch lieber flüssige Bausteine, habe ich sie in meiner Verzweiflung alle gekauft.

Und seither werde ich die leise Ahnung nicht los, dass einer von uns beiden, also die Haarspülungs-Industrie und ich, dass einer von uns zu irgendeinem Zeitpunkt unserer gemeinsamen Konsum-Geschichte falsch abgebogen ist.

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Musik

Vorsicht, Mixtape! Trance, Rave und Techno der frühen 90er

kassetten

Und die Antwort ist: 42. So viele handselektierte Musikstücke vereint die folgende Liste, vorzugsweise, aber nicht ausschließlich aus den Jahren 1990 bis 1995, definitiv jedoch vollkommen gitarrenlos; Strom wird hier nur verwandt, um Synthetisches in der richtigen Form an die richtige Stelle zu bringen.

Nur im ersten Moment erstaunt haben mich die Youtube-Kommentare zu den Tracks. Die gute alte Zeit wünschten sich fast alle zurück, einige berichteten von ihren (angeblich) ausufernden Rave-Erfahrungen, nicht wenige gaben zu, dass ihnen beim Anhören Tränen in die Augen schossen, fast alle verdammten die bösen Musikindustriellen, die aus Techno und Trance das gemacht haben, was es heute leider nunmal ist.

Es waren nur ein paar Jahre, in denen eine ganz spezielle Art von elektronischer Tanzmusik mehr Menschen als Geld bewegt hat, aber diese Jahre hatten es in sich. Und auch wenn ich mich in manche Stücke heute nicht mehr unbedingt sooo verlieben würde – wenn eines meiner Kinder mal fragt, welche Musik Papa in seiner Zeit damals denn so gehört hat, dann schaltet der Papa irgendein onliniges Gerät an und klickt eine der folgenden Playlists an.

Und dreht die Lautstärke weit, weit auf.

* Youtube-Playlist „The Weeping Waste“

PLAYLIST
The Age of love – The Age of Love
Sven Väth – L’Esperanza
Cygnus X – Orange Theme
Brainchild – Synfonica
Casseopaya – Overdose
LSG – Fragile
Cherry Moon Trax – The house of house
Country & Western – Reincarnation
Praga Khan – Injected with a poison
Paragliders – Paraglide
Lazonby – Sacred Cycles
Alien Factory – Tomorrow
Jam & Spoon – Follow me
Jens – Loops & Tings
RMB – Spring
Moby – Feeling so real
Westbam – Celebration generation
Paul van Dyk – For an angel
X-Cabs – Neuro
Scooter – Rhapsody in E
Dream your dream – Soushkin
Komakino – Outface
Andrew Brix – Piano Euphoria
Joe T. Vanelli feat. Csilla – Play with the voice
Quench – Dreams
DJ Quicksilver – Bellissima
Energy 52 – Cafe del Mar
The Visions Of Shiva – How much can you take
Paul van Dyk – Forbidden Fruit
Humate – Love stimulation
William Orbit – Adagio for strings
Marmion – Schöneberg
Jones & Stephenson – The first rebirth
Sunbeam – Outside world
Hardsequencer – Plastic fantastic
Microwave Prince – Trancemitter online
Legend B – Lost in Love
Renegade Legion – The weeping waste
Interactive – Koma (DJ Hooligan Remix)
Atlantis – Paradise (Part I)
Biosphere – Novelty waves
Dance 2 Trance – Hello San Francisco
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Die Tasse Kaffee am Morgen

Coffee Bubbles

foto:picturezealot mit cc-lizenz

Es ist die erste halbwegs bewusste Aktion nach dem Aufstehen. Als Frühstücksabschnittsbevollmächtigter genieße ich das Privileg, die Kinderankleidefront flink umkurven zu dürfen, die hungrig miauende Katze noch kurz ignorieren zu können. Noch vor dem Radio widme ich mich halbautomatisch dem Wasserkocher, füllen, platzieren, Kippschalter, klick!

Mit dem Wasser erwärmt sich auch die Vorfreude.

Zwei Pötte gegriffen, Milchkanne auf, anderthalb Dingens Kaffeepulver in den einen, anderthalb in den anderen Pott. (Das korrekte Wort lautet Kaffeemaßlöffel, es wurde vermutlich von Loriot erfunden.) Wie die Katze auf das Klackern am Plastenapf reagiert mein Körper auf das Sprudeln im Wasserkocher mit erhöhter Aufmerksamkeit.

Es ist nun bald soweit.

Das Frühstück ist fast fertig, vereinzelt lugen halbbekleidete Kinder um die Ecke, das nun kochende Wasser darf sich beruhigen – aber nur kurz: ein Schwall hier, ein Schwall dort. Dort etwas weniger, sie braucht schließlich noch Platz für ein bisschen Milch. Soll sie kriegen, ihr täglicher Kampf mit den Konfektionsgrößen muss anständig belohnt werden.

Und das heiße Wasser bittet den Kaffee zum Tanz.

Etwa eine Minute vor dem ersten Schluck rühre ich noch einmal kurz um, kein Quant Aroma soll verschenkt sein. Sie hat ihren meist schon zur Hälfte geleert, die Kinder plappern, die Katze futtert entspannt – und es ist soweit: der erste Schluck. Schwarzer, starker Kaffee, in der Großtasse aufgebrüht; mehr nicht. Keine Milch, kein Zucker, keine Filter, keine Crema. Der erste Wachmachermoment des Tages.

Und wenn die ersten Krümel kommen, ist er schon vorbei.

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Tschüss, Platte!

sechs Etagen PlatteIn guten Zeiten habe ich es in 20 Sekunden geschafft. Mittlerweile ist die Erdanziehungskraft eine unheilvolle Allianz mit dem gemeinen Muskelschwund eingegangen, und es braucht eine gute halbe Minute, bis ich oben bin. Zwei Stufen auf einmal, zwei Laufschritte um die Kurve, nächste Etage. Dann, in der Sechsten angekommen, flink geklopft und schließlich japsend das anerkennende Erstaunen der Öffnenden eingesammelt. Die Belohnung: Bei klarer Luft ein 15-Kilometer-Blick über die Stadt hinweg gen Norden. Nicht viel anders dürfte sich ein König beim Blick von der Burg herab auf seine Ländereien gefühlt haben.

Also rein vom Blickwinkel her.

Nun war es also soweit, zum letzten Mal in die Platte zurück, die Mutter, sie zieht aus. Endlich. Nicht, weil es – wie in anderen, größeren Plattenbaugebieten – atmosphärisch ungemütlicher geworden war, nein, der Lindenberg mit seinen drei Straßenzügen und dem Wald nebenan und dem See nicht weit weg war und ist eine recht gemütliche Platte. Aber in einem gewissen Alter verschieben sich die Wohnprioritäten eben von Ausblick unmissverständlich in Richtung Treppensteigenvermeiden. Und nach mehr als drei Jahrzehnten hatte sie alle Panoramen dann auch schon mal durchgesehen.

... aber dieser Ausblick

Immerhin würde die mehrmalige Bewältigung der 88 Stufen am Tag für feuchte Träume bei jedem anständigen Herz-Kreislauf-Arzt sorgen. Beim Umzug produzierten sie allerdings diverse Wadenmuskelverhärtungen und etwa 3,7 Liter Extra-Schweiß. Und, man kann es nicht oft genug raten: Bücher in kleine Kisten, Wattebäusche in große. Nicht umgekehrt. Zweimal haben wir den Sprinter vollgestopft, dann waren die dreieinhalb Zimmer geleert, das Kellerverlies geräumt und der Sperrmüll zu einem ordentlichen Haufen platziert.

treppenflurIn der Erinnerung vermischt sich der Duft von frisch gewischten Steintreppen mit den dumpfen Geräuschen der Wohnungen unter und neben und schräg unter uns. Der nur halbhoch berandete Balkon in knapp 20 Metern Höhe hat wohl ebenso meine recht passable Schwindelfreiheit zu verantworten wie der ordentliche Wandbetonhärtegrad eine gewisse Improvisationskunst beim Löcherbohren. Hinter der Platte fanden sie statt, damals®, die Freiluftfußballturniere inmitten der Wäschetrocknerstangen-Ersatztore. Von der Wohnungstür bis zur Schulbus-Haltestelle brauchte ich eine Minute, es reichte also, dass ich dann Schuhe zu schnüren begann, wenn der Schlenki hinten vom Tannenkrug kommend auf den Lindenberg einbog.

Schrieb ich schon, dass der Ausblick ganz nett war?

Plattenparkplatz

kinderzimmerDas erste Silvester, dass ich mit einem Mädchen alleine feierte, klemmten wir wie zwei Spanner-Rentner am Kinderzimmer-Fenster und glotzten und tranken und knutschten und wollten dort und nur dort sein. Heute knutschen wir immer noch zu Silvester, aber ich würde mir kein Dreimeter-New-York-Poster mehr neben mein Bett mehr tapezieren, obschon der Kontrast zwischen Brooklyn-Bridge und zehn Kinderzimmer-Quadratmetern in der Mecklenburger Provinz nach wie vor gefällt. Und das Ding spielte sogar mal in einem Film mit: Im Zimmer von Meret Becker in „Liebe Lügen„. Echt!

LP's + NähzeugAber Nostalgie trägt einem das Lübzer Lemon auch nicht nach oben, und so wurde es nun Zeit. Die alte Schülergaststätte gegenüber liegt mittlerweile auch in Trümmern, Siebengeschosser mit Eigentumswohnungen sollen dort mal stehen, wo vor 25 Jahren eine kleine Eisdiele einem proppenvollen Stadtviertel die Sommernachmittage versüßte. Heute ist es zu ruhig auf dem Lindenberg, aber vermutlich werden die neuen Wohnungen mit genau diesem Argument demnächst angepriesen werden. Ab und an sichtet man eine junge Familie, und allein der Umstand, dass sie einem auffällt, der beschreibt schon alles.

Die Mutter wohnt jetzt ebenerdig, mit ein wenig Mutterboden (konnte nicht widerstehen) hinter der Terrasse und ohne Durchreiche zwischen Stube und Küche; ein Verlust, den die jüngste Enkelin erst mal verkraften musste. Sowas hat schließlich nicht jeder, heute. Was hingegen noch sehr viele haben, ist eine astreine Plattenbau-Wohn-Sozialisation. Und wenn man dieses Schlagwort mal gründlich durchgoogelt, kann man ahnen, dass es sehr viel Klischee beinhaltet, aber eben auch nicht nichts bedeutet. Im besten Fall kann man launig darüber in seinem Blog schwadronieren, im schlimmsten wird es als küchenpsychologisches Argument für oder gegen irgendetwas aus dem Ärmel geschüttelt, wenn einem sonst weiter nichts mehr einfällt.

Wie auch immer dem sei: Tschüss, Platte.

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Tippspiel zur EM 1988

em88plankl

Bei der EM 1984 durfte ich mal ausnahmsweise den Anpfiff sehen, bei der EM 1992 waren andere Dinge auf Priorität 1 gesetzt, später dann war ich auf einmal erwachsen. So richtig angefixt mit dem Thema Fußballgroßturniere wurde ich hingegen mit der WM 1986 in Mexiko und aber vor allem mit der Europameisterschaft 1988, die passenderweise im Bruderstaate Westdeuschland stattfand.

Das betrifft ja vor allem die Vorbereitung solch eines Ereignisses: Fachliteratur studieren, Austausch mit Experten, praktische Anwendung des eigenen Wissens. In meinem Fall hieß das Sportberichte in der Jungen Welt lesen, in der Schule um den Titel „Wer kann unbekannte Fußballer am ausländischsten aussprechen“ wetteifern und – jawoll, Ergebnisse tippen. Das Internet schlummerte noch irgendwo im kapitalistischen Ausland, Arbeitskollegen besaß ich noch nicht, also musste Vaddern als Tippgegner herhalten.

Flugs eine A4-Tabelle erstellt, schön ordentlich mit Lineal, dann alles eingetragen, und schließlich einen dreiviertel Tag lang (those were the days …) über das vermeintlich einzig richtige Spielendergebnis gegrübelt. Ohne Erfolg, mein größter Erfolg bestand darin, das Finale in der Tendenz richtig und nur um ein Tor daneben getippt zu haben. Ich weiß noch, wie ich mit fortschreitendem Turnier immer missmutiger ob der offensichtlichen Fußballunkundigkeit wurde.

Sehr innovativ übrigens das ausgeklügelte pekuniäre System: 30 Pfennig minus für ein Tor Unterschied, 50 Pfennig minus für eine Tendenz Unterschied, plus 1 Mark für einen richtigen Tipp. Am Ende hatte ich vier Mark mehr Miese und musste Papa ein Bier ausgeben. Außerdem bemerkenswert: Auch in Ostdeutschland gab es bereits rege genutzte vierfarbige Kugelschreiber, ich hatte die BRD schon im Finale gesehen, und früher war alles besser außer meiner Handschrift.