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Jammern über Jabulani

Weighing of 2010 World Cup balls

Morten Olsen! Iker Casillas! Gianluigi Buffon! Julio Cesar! Luis Fabiano! Fabio Capello! Ihr Memmen! Öl überflutet die Meere, Vulkane husten und prusten, Präsidenten werfen Hand- und Taschentücher. Und was tun so verdienstvolle Fußballer und Trainer wie ihr?

Ihr jammert über Jabulani, den WM-Ball.

Es ist schade, dass in einem so bedeutenden Wettbewerb wie einer Weltmeisterschaft ein so wichtiges Element wie der Ball einen so abgründigen Charakter hat.

Herr Casillas! Ich bitte Sie! Bälle haben einen abgründigen Charakter so wie Außenlinien zur manischen Depressivität neigen, nämlich gar nicht! Sie mögen anders fliegen als andere Bälle, aber die Grundvoraussetzungen für ein ordnungsgemäßes Fußballspiel sind gegeben: rund, knapp ein halbes Kilo schwer, aufgepumpt.

Der Ball ist furchtbar. Schrecklich. Er gleicht den Bällen, die es im Supermarkt zu kaufen gibt.

Herr Cesar! Ich bitte Sie! Den Jabulani gibt es im Supermarkt zu kaufen. Und wenn nicht jetzt, dann bestimmt bald. Und dass Sie als von Nike Ausgerüsteter den adidas-Ball beschimpfen, ist nun auch nicht sonderlich originell.

Für Torhüter ist der Ball fürchterlich, er bewegt sich dauernd. Auch meine Spieler haben Schwierigkeiten mit der Ballkontrolle.

Herr Capello! Ich bitte Sie! Ein Ball, der sich bewegt? Und auch noch dauernd? Skandal! Und wenn die von Ihnen trainierten Spieler Probleme mit der Ballkontrolle bekommen, weil sie mit einem anderen Ball spielen, sollten sie vielleicht mal ihr Technik-Training überdenken.

Er verändert plötzlich seine Flugbahn. Es ist, als ob er sich nicht treten lassen will. Es ist unglaublich – als ob jemand den Ball steuert. Du willst ihn kicken, und er bewegt sich zur Seite. Ich denke, das ist übernatürlich und sehr übel.

Herr Fabiano! Ich bitte Sie! Wer möchte sich schon gerne treten lassen? Und außerdem glaube ich, dass Sie zuviel Erich von Däniken und Stephen King lesen. Wenn, ja wenn ein übler Übernatürlicher Dinge auf dieser Erde von irgendwoher steuern oder lenken könnte, dann wären dies mit Sicherheit nicht bestimmte Fußbälle einer bestimmten Fußballherstellfirma.

Ich glaube, dass es eine Schande ist, ein so wichtiges Turnier mit solch einem Ball zu spielen.

Herr Buffon! Ich bitte Sie! Ich glaube, dass es eine Schande ist, den baldigen Start eines Fußballgroßturniers allein daran zu erkennen, dass weltweit Klagelieder über Arbeitsgeräte angestimmt werden. Ich glaube auch, dass es eher eine Schande ist, darauf zu bestehen, mit rechtsextremen Schlüsselsymbolen auf dem Hemd zu spielen.

Wir haben mit einem unmöglichen Ball gespielt, an den wir uns erst noch gewöhnen müssen. Es war sehr schwierig, diesen Ball zu kontrollieren und ihn bei Pässen auf Tempo zu bringen.

Herr Olsen! Ich bitte Sie! Wenn man möchte, dass ein Ball schneller von A nach B fliegt, einfach mal stärker gegentreten. Wenn das nicht klappt, einfach mal in den Kraftraum gehen. Wenn das zu umständlich ist, einfach mal den Beruf wechseln.

Generell ist festzuhalten: Gut bezahlte Profifußballer beschweren sich mimosiger als meine Tochter beim Spinatessen über etwas, was ihnen eigentlich zugute kommt, nämlich die fortdauernde Entwicklung von neuen Bällen zu den EM- und WM-Endrunden. Neue Bälle, neuer Umsatz, neues Geld. Der Ball mag anders fliegen und meinetwegen unberechenbarer geworden sein – echte Männer nehmen das zur Kenntnis und zum Anlass, sich darauf einzustellen und halt mal ein wenig mit dem Ding zu üben.

Findet im übrigen auch Ex-Nationalspieler René Müller, der dieses Interview ganz ähnlich beschließt:

Aufhören zu jammern und sich an den Wasserball gewöhnen. Alles andere hilft ja auch nicht.