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Hundeblick

Erziehung ist ein weites Feld. Es kann vieles sein und nur wenig gar nicht. Unter anderem sollte es, so finden wir, darum gehen, eine gewisse Einfühlsamkeit an den Tag zu legen. Die Kinder sollten in der Lage sein, sich in andere Menschen hineinversetzen zu können, sie sollte mitfühlen und ihren Egoismus in Zaum halten können.

Andererseits ist es auch wichtig, die eigenen Wünsche und Gelüste nicht gänzlich zu vernachlässigen. Hierbei, so lehrten wir es, sind alle legalen Mittel erlaubt – und wenn es das Suggestieren von tierischen Gesichtsausdrücken ist, wie Charlotte auf diesem von ihr mitverfassten Einkaufszettel nachdrücklich beweist:

Hundeblick

p.s. Lakritze ist ja nun mal auch ganz was Tolles! Und sie haben daraufhin natüüüüüürlich ein wenig schwarzes Naschzeugs bekommen.
p.p.s. Wie mir gerade noch auffällt, ist auch die Spezifikation des Trockenfutters sehr kundenfreundlich, auf dass man eben keines für Menschen kaufen möge.

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Neubrandenburg

Zettelwirtschaft auf dem Datzeberg:
Bitte parken Sie künftig hier nicht mehr!

Bitte parken Sie künftig hier nicht mehr!

Ich finde es furchtbar nett, derart angezettelt auf dem Datzeberg auf real existierende Parkplatz-Eigentümer-Verhältnisse hingewiesen zu werden. Immerhin hätte auch gleich das LKA hinzugezogen werden können. Der Lack meines protzigen Mini-SUVs hätte arg zerkratzt werden können. Eine zehnköpfige Bürgerwehr hätte meine semi-heimliche Flucht vom Tatort mit entschlossenen Mienen verhindern können. Ein Ex-Feldwebel hätte mich im feinsten Fensterweißripp aus der dritten Etage mit humorlosen Rentner-Schimpfwortsätzen anbellen können.

Aber nein.

Stattdessen dieser schlichte Serienhinweiszettel. Akkurate Grammatik, pro Zeile ein Satz, die zentrierte Schrift rückt die Aussage unmissverständlich in den Fokus des ignoranten Übeltäters. Was der Malerei ihr Triptychon, der Mathematik ihr Dreisatz, dem Fußball sein Hattrick ist – das ist der Neubrandenburger Zettelwirtschaft dieses Meisterwerk.

Pure Aufklärung wird im ersten Satz geleistet. In ganzen fünf Wörtern erschließt sich dem Unwissenden die komplizierte Welt des Parkplatz-Kapitalismus. Hier bleiben keine Fragen mehr offen, fast meint man, nach dem Schlusspunkt für einen kurzen Moment ein kurz aufblitzendes BASTA! erkennen zu können.

Im zweiten Satz gelingt dem Autor innerhalb nur weniger Zeichen der Wandel vom devot Bittenden bis zum strengen Parkplatzabschnittsbevollmächtigten – eine publizistische Meisterleistung. Das großgeschriebene „Sie“ verrät den Schreibkundigen, der es trotz aller Scherereien mit seinen Mitmenschen nicht an nötigem Respekt mangeln lassen möchte.

Ganz großes Zettelkino dann im dritten Satz. Vier Worte! Und ich schreibe bewusst nicht „Wörter“, denn es sind reife, erwachsene, große Worte, die den schuldigen Leser wieder in sein armseliges Leben entlassen; souverän abgeschlossen nicht etwa von einem aufgeregten Ausrufezeichen oder gar einem schludrig-fehlenden Satzzeichen, sondern von einem die müßige Diskussion ein für alle mal beendenden Punkt. Dass auf ein wie auch immer geartetes Verbum verzichtet wurde, beweist das hochsensible Sprachgespür des Schreibers: Nein, ein Tuwort wird dem Falschparker nicht auch noch hinterhergeworfen, das ginge zu weit, das Leben schenkt einem ja auch nichts. Es ist ein wahrhaft monumentaler Schluss.

Und ich oute mich hiermit schlechten Gewissens als haarspaltender Korinthenkacker, wenn ich diesen Text nicht beende, ohne mich noch kurz zu erklären: Die zwanzig Zentimeter Neuschnee hatten den in den Boden versenkten Parkplatzabsperrpfosten überdeckt. Verschämt möchte ich dem Mieter dieses Parkplatzes dennoch sagen: Kommt nicht wieder vor!