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Die geneigte Leserschaft

ge|neig|te Le|ser|schaft, die; -, -en (ugs. u. scherzh. Ausdruck für die Benutzer von mobilen Endgeräten, die sich derart ausdauernd und impertinent über ihre Smartphones beugen und das Internet leerlesen, dass sie – und Mutti hat es immer schon gewusst – demnächst einen fiesen Lesebuckel bekommen werden. Die saubere Abtrennung zu Lesern, die aus Altersgründen ähnlich krumm daherkommen, ist gerade in Hotspots des demografischen Wandels wie beispielsweise Mecklenburg-Vorpommern nicht immer einfach. Hiesiege Schreiber sollten demnach fleißig an beide Zielgruppen – also die Geeks und die Greise – denken, wenn sie künftig ihre Worte an die geneigte Leserschaft richten.)

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Wie heißt eigentlich das gefärbte Vorderhaarteil?

Hair macroReden wir über Frisuren. Die sind im hiesigen Kulturkreis ja gerne mal pickepackebunt, oder, wie man auf Angeberenglisch sagen würde, two toned. Wobei das nicht immer korrekt ist, wie man an der regelmäßig auf den Straßen der Region anzutreffenden „Vorpommerschen Trikolore“ sieht, deren Trägerin sich da gleich der Farben drei auffen Kopp gekloppt hat, die Trennlinien dabei gerne schräg über den Scheitel gezogen, und generell auch immer ein sichtbarer Fan größtmöglicher Kontrastwirkungen.

Vielen Dank übrigens an die Kollegin für die Trikolore (etwas weiter südlich gibt’s offenbar die „Brandenburger Bikolore“), und beim Fachgespräch erfand sie dann gleich noch einen Begriff, den ich ob seiner Kürze und Würze ganz hervorragend finde und gerne verbreiten möchte. Denn wie nennt man es, wenn die Signalfarbe auffällig den Pony der Farbenfrau ziert oder zumindest den allervorderen Teil des Haupthaars? Ich fand ja, es sähe aus, als sei die Dame in einem Anfall von Spontanmüdig-, Trunken- oder vielleicht sogar auch plötzlicher Kraftlosigkeit nach vorne gekippt und kurz in einen zufällig vor ihr postierten Rieseneimer voller Haarfärbefarbe gekippt.

Sie tunkte also ihren vorderen Haarburzel in die Farbe. Und also möchte ich hiermit diese, diese, jene oder auch diese Frisurenvariante feierlich taufen auf den offiziellen Namen: Teutonischer Tunkburzel.

Der Tunkburzel oder kurz TuBu ist häufig in den Kombinationen schwarz-neon anzutreffen, doch auch ein natürliches braun-blond oder ein freundliches wasserstoff-lila erzückt regelmäßig die Sinne von TuBu-Fetischisten. Und ich warte jetzt geduldig auf die ersten Tunkburzel-Vereine, regionalen TuBu-Verbände und natürlich die engagierten Bürgerinititativen namens „ProTubu“ oder „Nieder mit der Tunkburzel-Plage!“. Denn ich finde, diese Tunkburzel-Debatte ist noch lange nicht ausdiskutiert!

Foto: Sabrina S via Flickr unter CC-Lizenz by-nc-nd
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Familie Sprache

Dramassel

Metallmann

„Ach Papa, das ist aber ein ganz schönes Dramassel!“

Sagte Luise und verlieh dabei ihrer Stimme genau die richtige Dosen Weltschmerz, Seufzerei, Resignation und schulterzuckender Akzeptanz. Ich hachte also in mich hinein und musste mich bemühen, nicht allzu mitleidig auszusehen, als ich sie wortlos in den Arm nahm. Anschließend machte ich ihr erst Mut, dass ihr Problem – es ging um kurzfristige freundinnenbeziehungspolitische Verwerfungen – sicher bald keines mehr sein würde und dass ich dafür aber ihr Neuwort recht gelungen fände.

Welch’ Schlamassel voller hochdramatischer Ausprägungen!

Und wie jedes gute Wörtermischmasch ist auch das Dramassel eher beiläufig entstanden, fast überhörten wir es, bis dann doch die Frage kam: „Moment mal, was hast du da gerade gesagt?“

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Netz Sprache

Entspannte Spannungsentspannung. Spannend!

Habe gerade ins „Phänomeme“-Tumblr der Süddeutschen Zeitung per Hashtag hineingetwittert.

(Wenn jemand Beispielsätze benötigt, um irgendwo die digitale Kluft zu erklären … bitteschön!)

Es geht hier bei „Phänomeme“um Twitterphrasen, wobei das Sprachgedöns, das unter diesem Stichwort bei Twitter gesammelt wird, gerne auch in Foren, Kommentarspalten und angehipsterten Blogeinträgen vorkommt. #netzphrasen wäre also ein etwas realistischeres Hashtag gewesen mit dem Nachteil, dass „Twitter“ nicht drin vorkommt. Denn was bringt Zwitscherbeachtung? Twittern über Twitter.

Anyway. Ich so: „Spannend! #twitterphrase“. Hach! Just sayin! Und ihr so? Was @Twitter sagt. Ihr kennt das. Nicht.

Im Übrigen finde ich, das Spannung überbewertet ist. So viele Menschen finden so viele Dinge spannend und sagen das auch dauernd. Das muss doch nicht sein.

Wer gespannt ist, muss sich entspannen können. Sonst leiert er mit der Zeit aus. Ein aktuelles Beispiel aus dem eigenen Haushalt: der Verschluss unseres Billig-Kuchenform. Ausgeleiert, dauerentspannt, nicht mehr funktionsfähig.

Nicht selten vermute ich hinter einem aufgekratzten „Das finde ich super spannend!“ ein unsicheres „Keine Ahnung, aber ich will mich mal open-minded zeigen“. Tut es denn kein lässiges „Klingt aber interessant.“ oder „Joaaa, mal sehen …“, muss jedes Allerweltsthemchen Thriller-Skills haben?

Vielmehr sollte der Kaiser viel öfter und lauter nackt beschrieben werden. Und ist dann etwas so lala oder sogar noch weniger versprechend, gibt es doch bereits ein klares und allgemein verständliches popkulturelles Sprachsignal:

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Kantinös

Als ich vor einiger Zeit auch noch kantinös aß, gab es in der Woche Hühnerfrikasse, Kochfisch und Königsberger Klopse.

Das berichtet der Neubrandenburger Herdnerd in den in den Kommentaren drüben beim Ostblog. Und mehr sogar noch als das überschaubare kulinarische Programm freute mich das Wort kantinös, das mir bislang noch nicht unter die Augen gekommen war. Und damit scheine ich nicht alleine zu sein, die Suchmaschine fand gerade sechs Mal Kantinöses im Netz.

Und damit sich das ändert, sprüh’ ich’s an jede Wand: kantinös (ugs. für geschmacklich den Mittagessen in Betriebsgaststätten entsprechend)

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Ich bin die kleine Katze