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So much love

dm

Wir kommen vom Freitagabendfußball und essen Pizza. Dann wird hier geduscht, da werden Katzen gefüttert, die Großmutter kümmert sich um die Küchenordnung, und einem gemütlichen Kautschabend steht nichts mehr im Weg. Doch da sind ja Depeche Mode, die gerade ihr zigstes Studioalbum veröffentlicht haben.

Wir sitzen vor dem Computerbildschirm und sehen das Konzert in Berlin, das Dutzende Kameras so aufzeichnen, dass wir den Kamerawinkel mit der Maus bestimmen können. Dreihundertsechziggrad-Livestream. Was für ein Spaß! Heinrich ruft plötzlich: „Da, die Keule da hat gerade Whatsapp offen!“ Charlotte kommt kurz vorbei und bemerkt: „Die Frau da im Publikum hat aber einen ganz schön gewagten Ausschnitt.“ Luise bewertet Frontmann Dave Gahan: „Warum wackelt der eigentlich die GANZE Zeit mit dem Po?“

Gute Frage. Fakt ist, wir sehen fast das gesamte (einstündige) Konzert. Noch mal zum Verständnis: Eins, mal zwei, kurz sogar mal drei Kinder sehen mit ihrem Vater das Konzert einer Popband, die weder in den Charts, noch in irgendwelchen Youtubehipsterlisten vertreten ist und schon gar nicht mehr im Radio läuft. Und warum? Weil sie es können. (Zum Beispiel mit der Kamera rumspielen.) Die Musik finden sie so lala, ganz okay, guter Sound, halt so mittel eingängig, und die Typen da sind ja auch schon eher … naja: alt.

Dann hören sie „World in my eyes“ und sind ganz angetan von der Melodei und dem ganz gut verständlichen Englisch und natürlich vor allem von der Möglichkeit, die Kamera selbst steuern zu können. Und schwupps, ist das Konzert vorbei, thank you very much, das war ziemlich kuhl, Papa.

Tja.

Danke, Internet.

dm

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Flätta

7064694197_2f1ff699bb_nSeit einem halben Jahr bin ich bei Flattr. Ich haue da im Monat ein paar Euro drauf und kann somit auf vielen Seiten im Netz Geld geben. Das englische to flatter bedeutet, jemandem zu schmeicheln, und genau so empfinde ich das auch: „Hey, dein Text, dein Bild, deine Anregung gefallen mir so gut, dass ich dir ein wenig schmeicheln will.“ Etwa ein halbes Dutzend Mal im Monat klicke ich dann – so vorhanden – auf den Flattr-Knopp auf der jeweiligen Seite und beschmeichele den Urheber mit ungefähr dem Gegenwert von einem oder zwei Brötchen.

Weil es mir das wert ist.

Foto: Flattr via Flickr unter CC-Lizenz by-sa
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Netz Politik

Chaos im Universum von Cyber

cyberZum Thema Datenabhörskandal soll ein schöner Satz, der am späten Donnerstagabend in der Talkshow von Anne Will gesagt wurde (hier auf Youtube), nicht vergessen werden.

„Da herrscht ein wildes Durcheinander im Universum von Cyber“, konstatierte der renommierte Historiker Michael Stürmer (74) mitten in der lebhaftesten Diskussion, und es fehlte im Prinzip nur noch, dass die Redaktion im Hintergrund das bedrohliche Darth-Vader-Thema aus Star Wars eingespielt hätte.

Das Universum von Cyber! Vermutlich Millionen Lichtjahre entfernt, da kann ja niemand den Überblick behalten. Damit wird auch klar, was Angela Merkel (58) im Vorfeld des Obama-Besuchs in Berlin meinte, als sie betreffs des Cyber-Universum feststellte: “Das Internet ist für uns alle Neuland.”

Aber mal abgesehen von der poetisch-possierlichen Wortwahl: Michael Stürmer hat etwas ganz Wichtiges zur Sprache gebracht. Nicht die filmreife Personalie Edward Snowden ist das eigentlich aufregende Thema des Skandals. Sondern das in der Tat wilde Durcheinander, das in dem Daten-Geflecht aus Geheimdiensten, Netz-Giganten und privater Nutzer offenbar entstanden ist. Der klar artiklierte Wille, das zu beleuchten und zu entwirren sollte nach Prism und Tempora auf keiner politischen Agenda mehr fehlen.

(„Unten rechts“ im Nordkurier vom 5. Juli 2013, Foto: Digital Game Museum via flickr unter CC-Lizenz by)