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Die schönste Häuserfassade in Neubrandenburg

Weil gerade eine andere Neubrandenburger Häuserfassade durch die Medien gereicht wurde, die auch nicht übel ist und unabhängig vom jeweils Kunstgeschmack das Phönix-Hochhaus an der Woldegker Straße schöner aussehen lässt als vorher (was dann aber wiederum keine große Kunst war) – deshalb hier die aber nun wirklich schönste Neubrandenburger Fassade, am besten Bäcker der Stadt, Ihlenfelder Ecke Burgholzstraße:

Bäckerfassade

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Showdown an der Kaufhallenkasse –
Eine kleine Warentrennerpsychologie

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Der Kunde hat ein wenig schlechte Laune. Er hat eine Wareneinräumerin höflich gefragt, wo denn bitteschön der Flaschenabgabeautomat hier zu finden sei. Ihr hingerotztes „Keine Ahnung, räum hier nur ein!“ hat ihn kurz irritiert, er besinnt sich aber und lässt wie schon viel zu oft den vermutlich pommerschen Familienhintergrund der Dame als Milderungsgrund gelten.

Sein Gemüt erhellt sich auch nicht, als ihm und seinen vier Artikeln – er hat nicht einmal einen Einkaufswagen – kurz vor der Kasse von einer kurzen Frau mitsamt ihres monströsen Monatshamstereinkaufs rüde die Vorfahrt genommen wird. Zum Abschluss der Ärgernis-Triologie fährt ihm noch ein Halbstarker mit Schmackes in die Hacken.

Gut, denkt sich der Kunde, es ist also Zeit für ein kleines Experiment. Als er bis ans Kassenband vorgerückt ist, legt er seinen Kram aufs Band, direkter hinter den Monatseinkauf. Allerdings mit einem kleinen, aber erkennbaren Abstand. Von den Warentrennern (auch Näkubis, Dientjemientjes oder Kassentobleronen genannt) steht er noch zu weit weg.

Dann fängt der Spaß an. Die kurze Frau rückt vor, der Kunde rückt vor. Der Halbstarke auch, er packt seine paar Bier hinter den Einkauf des Kunden. Der Kunde kramt geschäftig in seinem Portemonnaie und macht – nichts. In den Gehirnen der kurzen Frau und des Halbstarken beginnt es zu rattern.

Wer ist hier eigentlich der Warentrennerverantwortliche? Der Vordermann? Legt er den Trenner nur vor seinen Einkauf? Oder nur hinter seinen Einkauf? Gibt es dafür eine Knigge-Regel? (Nein, die gibt es nicht.) Und warum, beim heiligen Kaufhallengott, warum macht der Typ mit seinen vier Artikeln keinerlei Anstalten, seine Waren von unseren abzutrennen? Will er in Teufels Küche geraten und am Ende vielleicht aus Versehen eine WARENDURCHMISCHUNG produzieren?

UM HIMMELS WILLEN!

Die Laune des Kunden bessert sich. Er steht jetzt in Reichweite gleich dreier Warentrenner, sein Einkauf liegt aber nach wie vor komplett warentrennerlos auf dem Band, nackt irgendwie, unordentlich … ja, chaotisch geradezu. Anarchie an der Kaufhallenkasse. Der Kunde kommt sich für einen kurzen Moment furchtbar rebellisch vor, er möchte laut „NIEDER MIT DEM WARENTRENNERZWANG!“ brüllen.

Es ist dies der Moment, wo im Film alle Umstehenden ausgeblendet würden. Ein Strohballen würde durchs Bild rollen, der Zuschauer sähe in Nahaufnahme die Schweißtropfen, die sich auf den zerfurchten Gesichtern der Protagonisten bildeten. Die Duellanten blickten sich tief in die Augen, jetzt nur nicht die Nerven verlieren, die Hand wandert langsam zum Pistolenhalfter.

Der Kunde glaubt, kurz ein Knistern gehört zu haben. Es dauert nur wenige Sekunden, aber die Atmosphäre in dieser kurzen Zeit ist zum Zerreißen angespannt. ,MEIN Einkauf ist NICHT getrennt von SEINEM Einkauf! MEIN Einkauf ist NICHT getrennt von SEINEM Einkauf! MEIN Einkauf …‘ hämmert es im Kopf der kurzen Frau, deren zunehmend nervöser Blick zwischen ihrem Einkauf, dem Kunden und den Warentrennern umherhuscht, die immer noch unangetastet neben dem Kassenband liegen.

Auch der Halbstarke ist nicht gefeit vor der plötzlich aufkeimenden Warentrennerlosigkeitsangst. Nachträglich legt er seine vorderste Bierflasche um, so dass sie nun KEINESFALLS! zum Einkauf des Kunden gerechnet werden kann. ,Puh, Unglück nochmal abgewendet!‘ steht es in seinem Gesicht geschrieben. Erleichtert nimmt er zudem zur Kenntnis, dass der Kunde seine Hand in Richtung der Warentrenner ausstreckt.

Doch der Kunde nimmt sich lediglich eine Packung Kaugummis aus der Auslage und beendet mit diesem final move sein kleines Sozialexperiment. Keine zwanzig Sekunden haben es die kurze Frau und der Halbstarke ausgehalten, an der Kaufhallenkasse direkt neben einem vermutlich total irrsinnigen Warentrennerverweigerer zu stehen. Sie greifen fast gleichzeitig zu den Balken, atmen erlöst aus und stellen die Weltordnung wieder her.

Der Kunde lächelt kurz, bedankt sich artig und kann es letztendlich nur seiner Nichtraucherei zurechnen, den beiden Erleichterten vor der Kaufhalle nicht eine gemeinsame „Zigarette danach“ angeboten zu haben.

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Update: Jemand dachte da ähnlich.

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Neubrandenburg

Kleiner Anwohnerwunsch: Ein Frischemarkt für die Ihlenfelder Vorstadt, bitte!

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Wir hier in der Ihlenfelder Vorstadt in Neubrandenburg können ja nicht klagen. Es gibt hier im Viertel jede Menge Friseure, Getränkeläden, Discounter, Physiotherapien, Bäcker, Paketstellen; sogar ein Fleischer gibt’s hier, und was will der Mensch noch mehr.

Also, ich kann da nur für mich sprechen (obwohl es in der Stadt ja wohl ähnliche Überlegungen gibt) – aber ich hätte gerne noch einen kleinen Frischemarkt.

Das wäre nett: Rauf aufs Fahrrad, Beutelchen nicht vergessen, dreimal rin in die Pedale, und schwupps! steht der Hungrige vor einem kleinen, aber feinen Sammelsurium mit Obst und Gemüse. Bio muss nicht, aber aus der Region darf das Zeug schon kommen.

So etwas fehlt. Bisher muss der Frischefreund entweder auf den Grünen Markt in der Innenstadt an jedem x-ten Sonnabend warten, im Biomarkt in der Stadt einkehren oder auf die Einkaufspolitik der hiesigen Kaufhallen vertrauen. Und ja, ich kann mir gut vorstellen, dass ein Frischemarkt im Viertel vieles wäre, nur nicht gleich totalrentabel. Aber ich weiß auch, dass nicht Wenige dort einkaufen würden; zumal, wenn man das Einzugsgebiet von der Ihlenfelder aufs Vogel- und Brauereiviertel erweitert.

Wenn also jemand mal darüber nachdenkt, hier in der Gegend frisches Obst und Gemüse verkaufen zu wollen: Es gibt da eine fünfköpfige Familie, die gerne die ersten Kunden wären.

Foto: txmx2 via Flickr unter CC-Lizenz by-nc-nd
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Neubrandenburg

Zettelwirtschaft auf dem Datzeberg:
Bitte parken Sie künftig hier nicht mehr!

Bitte parken Sie künftig hier nicht mehr!

Ich finde es furchtbar nett, derart angezettelt auf dem Datzeberg auf real existierende Parkplatz-Eigentümer-Verhältnisse hingewiesen zu werden. Immerhin hätte auch gleich das LKA hinzugezogen werden können. Der Lack meines protzigen Mini-SUVs hätte arg zerkratzt werden können. Eine zehnköpfige Bürgerwehr hätte meine semi-heimliche Flucht vom Tatort mit entschlossenen Mienen verhindern können. Ein Ex-Feldwebel hätte mich im feinsten Fensterweißripp aus der dritten Etage mit humorlosen Rentner-Schimpfwortsätzen anbellen können.

Aber nein.

Stattdessen dieser schlichte Serienhinweiszettel. Akkurate Grammatik, pro Zeile ein Satz, die zentrierte Schrift rückt die Aussage unmissverständlich in den Fokus des ignoranten Übeltäters. Was der Malerei ihr Triptychon, der Mathematik ihr Dreisatz, dem Fußball sein Hattrick ist – das ist der Neubrandenburger Zettelwirtschaft dieses Meisterwerk.

Pure Aufklärung wird im ersten Satz geleistet. In ganzen fünf Wörtern erschließt sich dem Unwissenden die komplizierte Welt des Parkplatz-Kapitalismus. Hier bleiben keine Fragen mehr offen, fast meint man, nach dem Schlusspunkt für einen kurzen Moment ein kurz aufblitzendes BASTA! erkennen zu können.

Im zweiten Satz gelingt dem Autor innerhalb nur weniger Zeichen der Wandel vom devot Bittenden bis zum strengen Parkplatzabschnittsbevollmächtigten – eine publizistische Meisterleistung. Das großgeschriebene „Sie“ verrät den Schreibkundigen, der es trotz aller Scherereien mit seinen Mitmenschen nicht an nötigem Respekt mangeln lassen möchte.

Ganz großes Zettelkino dann im dritten Satz. Vier Worte! Und ich schreibe bewusst nicht „Wörter“, denn es sind reife, erwachsene, große Worte, die den schuldigen Leser wieder in sein armseliges Leben entlassen; souverän abgeschlossen nicht etwa von einem aufgeregten Ausrufezeichen oder gar einem schludrig-fehlenden Satzzeichen, sondern von einem die müßige Diskussion ein für alle mal beendenden Punkt. Dass auf ein wie auch immer geartetes Verbum verzichtet wurde, beweist das hochsensible Sprachgespür des Schreibers: Nein, ein Tuwort wird dem Falschparker nicht auch noch hinterhergeworfen, das ginge zu weit, das Leben schenkt einem ja auch nichts. Es ist ein wahrhaft monumentaler Schluss.

Und ich oute mich hiermit schlechten Gewissens als haarspaltender Korinthenkacker, wenn ich diesen Text nicht beende, ohne mich noch kurz zu erklären: Die zwanzig Zentimeter Neuschnee hatten den in den Boden versenkten Parkplatzabsperrpfosten überdeckt. Verschämt möchte ich dem Mieter dieses Parkplatzes dennoch sagen: Kommt nicht wieder vor!

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Neubrandenburg

Der Stier im Kulturpark

Der einzige Stier-Spielplatz der Welt im Neubrandenburger Kulturpark sieht übrigens aus wie ein etwas zu klein geratenes jugoslawisches Kriegsdenkmal.

Haben wir das auch mal geklärt.

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Neubrandenburg

Pizzaboten sollten nicht auf Gehwegen rasen

Und dann warte ich auf den Tag, an dem die Heimatzeitung vermeldet, dass es in Neubrandenburg einen schlimmen Unfall gegeben hat, weil einer dieser flinken Pizzaboten mit seinem flinken Pizzabotenauto über die Freifläche zwischen Zigarre, Löwenvilla und Kinokomplex gerast ist und aus Versehen – natürlich aus Versehen – jemanden angefahren hat, der sich erdreistet hatte, dort – auf einem reinen Gehweg – entlanggehen zu wollen. Wenn das mal passiert, und ich hoffe, es wird nie passieren, dann werden wir Joey’s Call a Pizza boykottieren. Das trifft den Laden zwar nicht wirklich, auf unsere spärlichen Umsätze wird man dort gerade noch so verzichten können.

Aber trotzdem.

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Medien Neubrandenburg

Nordkurier: Arbeitsnachweis und Linkschau Januar 2013

nordkurier_logoMal ein paar kleine Hinweise auf Themen, die ich jüngst für den Nordkurier bearbeitet habe:

Der niederländische Schweinezüchter Adriaan Straathof baut in MV riesige Mastanlagen. Dabei geht nicht immer alles mit ordentlichen Sachen zu. Eine Zusammenfassung des aktuellen Stands der Dinge inklusive Verweis auf die jüngste WDR-Doku zum Thema gibt es hier.

Die Zeit schreibt über das kleine Wirtschaftswunder in Neubrandenburg. Die Daten sind leicht veraltet, aber man freut sich ja über jedes „Juchhe“, was je über den Nordosten publiziert wird. Dennoch: „Boomtown“ würde ich die Viertorestadt nun nicht unbedingt nennen wollen. Auch die Nordkurier-Leser sehen das recht differenziert.

Morgen wird er es tun. Lance Armstrong, Radrennfahrer aus den USA, gesteht systematisches Doping. Seine Tour-de-France-Siege sind längst aus der Historie gestrichen. Und jetzt weint sich der Herr Erbarmstrong bei Oprah Winfrey aus. Ein Kommentar.

Das 47. Fußball-Knabenturnier ist Geschichte. Zusammen mit dem guten Monaco Franze habe ich traditionell die Quasi-Live-Spielberichte verfasst. Was sonst noch rund ums größte D-Junioren-Hallenturnier Deutschlands passiert ist, fasst der Facebook-Auftritt des Knabenturnier gut zusammen.

Und dann noch etwas, was Kollege Hartmut Nieswandt seit ein paar Wochen fortschreibt: Eine Serie über die Wiekhäuser der Neubrandenburger Stadtmauer. „25 Glücksfälle in der Stadtmauer“ nennt es die Redaktion, und ich finde, jeder echte Neubrandenburger sollte halbwegs wissen, was sich in den Wiekhäusern so abspielt.

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Neubrandenburg

Alle Jahre wieder kommt der Weihnachtsmarkt

Es gibt in der wunderwonnigen Winterwelt nur wenig Trostloseres als einen Weihnachtsmarkt in der Provinz. An einem grauhalbhellen Donnerstag vor Heiligabend. Mittags, dreiviertel eins. Null Grad, bedeckt, böig.

Die Schallwellen von „Ein Stern, der deinen Namen trägt“ (Losbude) und „In der Weihnachtsbäckerei“ (Kinderkarussell) vermischen sich auf unschöne Art und Weise miteinander.

Die Chipeinsammler der vier Fahrgeschäfte treten von einem Fuß auf den anderen. Sie haben den Job schon zu lange gemacht, als dass etliche Becher Glühwein mit Doppelschuss ihren Körpern noch Wärme vorgaukeln könnten.

Die letzten Restbatzen Schnee von vor zwei Wochen haben sich als überdimensionale Vogelschiete verkleidet und gammeltauen in den Ecken ihrem baldigen Ende entgegen.

Niemand will mehr Bratwurst essen, und doch stehen einige Unentwegte an den märktlichen Futtertrögen; schließlich ist Mittagszeit, und beim Bäcker wie auch beim Dönermann hat man sich längst durch die Speisekarte gefuttert.

Der Pyramidenwiederaufbauer in der Wurfbude bringt denselben Spruch wie noch vor zwei Wochen, wenn er gnädig verbliebene Pyramidendosen abräumt, um dem Werfer statt einem Paar Plastikhandschellen nun eben mal aus der nächsthöheren Gewinnkategorie ein Plastik-Teleskop-Fernrohr zu gönnen.

Einige Minitannenbäume, die zwecks Dekoration des Buden-Karussell-Konvoluts an den optisch neuralgischen Stellen platziert worden waren, liegen im Schneematsch; ihre Nadeln dürften noch 2013 unter nicht wenigen Marktbesuchersohlen kleben.

Die Weihnachtsmarktfrauen und -männer sehen müde aus, ob nun wegen der wochenlangen Weihnachtsmarktarbeit bei Minusgraden und Dauerbumsbeschallung, oder, weil einige von ihnen generell einen eher ermüdenden Lebensstil pflegen; es spielt wohl auch keine Rolle.

Und dann entströmen einem ankommenden Stadtbus zwei, drei Familien mit jungen Kindern, vier, fünf, sechs Jahre alt sind sie vielleicht. Könnten sie schon lesen, würden sie vollkommen verständnislos den Kopf schüttelnd die vorigen Zeilen mit einer kurzen Handbewegung abtun und sich einfach ins großartige Getümmel stürzen; so zumindest war ihre Mimik beim Ankommen zu deuten. Ein Jubel! Ein Trubel!! Und da: ZUCKERWATTE!!! Sie kreischen und rennen und wollen alles auf einmal ausprobieren. Sie sind der Grund, warum es diesen Weihnachtsmarkt gibt, dieses Jahr, nächstes Jahr, immer wieder.

Und dann fängt es langsam, ganz langsam an zu schneien.

Kinder auf 180 ;o)

foto:schnine@flickr unter cc-lizenz by-nc-nd
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Neubrandenburg

Neubrandenburg vor 80 Jahren

Neubrandenburg Marktplatz - Luftbild 30er Jahre

Nach einem Ausflug in die frühen 90er nun die Stadt der vier Tore irgendwann in den 30ern, aufgenommen vom Turm der Marienkirche. Links mittig das Rathaus, rechts daneben das Stadtpalais, ungefähr dort recken sich heute die Marktplatzlichtstelen dem Mecklenburger Himmel entgegen. Noch weiter rechts ein – laut Kommentar bei Flickr umstrittenes – neu errichtetes  Kaufhaus. Die Fachwerkbauten im Vordergrund fielen wie viele andere Bauten dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer.

Auch sehr schön zu sehen: Hinterm Bahnhof nur Steppe. Anbei noch drei Fotos von Rathaus, Palais und Palaisstraße, wie die heutige Stargarder Straße damals hieß. Putzig auch, dass es auf der Postkarte noch Neu-Brandenburg hieß.

Neubrandenburg Rathaus Marktplatz historisch

Neubrandenburg Palais historisch Postkarte

Neubrandenburg Palaisstraße historisch Postkarte

alle fotos:erbsenzaehler unter cc-lizenz by-nc-sa
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Netz Neubrandenburg

Woannärs is dat auch scheiße (Rmx)

Dieser Beitrag ist gar nicht von mir, zumindest größtenteils nicht, sondern von Lukas Heinser, der das Bildblog befüllt und in seinem Blog „Coffee and TV“ ein Buch über das Ruhrgebiet rezensiert hat. Das hat mich dann sehr an die Gegend und die Menschen rechts oben erinnert.

rapsodie

Wenn ich Menschen aus dem Ausland erklären sollte, wo ich herkomme, (was ich eher selten tue, es sei denn, man bezeichnete in Westdeutschland Sozialisierte mit Ausländern, was ich nicht gutheiße) höre ich mich immer noch viel zu oft mit “near Berlin” antworten. Bei den meisten Amerikanern kann man ja froh sein, wenn sie wissen, zu welchem Land Berlin die Hauptstadt denn ist. Briten hingegen kennen, so sie denn minimal fußballinteressiert sind, natürlich Hansa, manche wissen auch um die rauromantische Schönheit der Ostsee. Neubrandenburg allerdings ist eher was für Leute, die im Erdkundeunterricht gut aufgepasst haben, aber so würden eh nur die Wenigsten über ihre Heimat sprechen.

Das Verhältnis der „MeckPommis” zu Mecklenburg-Vorpommern ist ein zutiefst ambivalentes: Eine unheilvolle Mischung aus Lokalpatriotismus und Selbstverachtung, aus Stolz und Skepsis, Traditionsbewusstsein und Wurzellosigkeit führt dazu, dass sich rund um die größten Landkreise Deutschlands niemand zuhause fühlt. Ein Zusammengehörigkeitsgefühl entsteht erst ganz langsam, Jahre nach der Wende und auch recht widerwillig.

Dieser Beitrag ist geprägt von der so typischen Hassliebe der Mecklenburg-Vorpommern zu ihrer Heimat, zusammengefasst im Ausspruch „Und, wohin bist du nach der Schule geflüchtet?”. Menschen, die sich gottweißwas darauf einbilden, aus einem bestimmten Bundesland zu stammen oder dort wenigstens „angekommen“ zu sein, findet man vielleicht in Hessen, Bayern oder Sachsen, aber nicht in Mecklenburg-Vorpommern. Wir sind nur froh, wenn man uns nicht mit Dingen wie einer „Kulturszene“ behelligt, und packen alle Möchtegern-Aussteiger mit Zwölftagebart, überhaupt keinem Haarschnitt und Dederonbeutel in den nächsten ICE nach Berlin. Hier bitte keine Menschen, hier bitte überhaupt nichts, Danke!

Und während ich darüber nachdenke, dass die Menschen in Liverpool, Detroit oder New Jersey irgendwie sehr viel mehr für ihren Stolz berühmt sind und dann teilweise auch noch Bruce Springsteen haben, fällt mir auf, dass ich zumindest selbst natürlich wahnsinnig stolz bin auf diese Gegend. Ja, das, was an unseren Städten mal schön war, ist seit Weltkrieg überwiegend weg, seit der Wende langsam aber wieder da; doch wir haben wahnsinnig viel Grün, zwei halbe Städte, ein schönes Umland und ein Bier. Genau genommen isses hier gar nicht scheiße, sondern eigentlich nur woanders.

Und selbst wenn wir Meckpommis innerlich ziemlich zerrissene Charaktere sind, die in ihren hässlichen Kleinstädten unterschiedlicher Größe stehen und gucken, wie aus den Ruinen unserer roten Vergangenheit irgendetwas neues entsteht: Es tut gut zu sehen, dass wir dabei nicht alleine sind. Willkommen in MV!